Serbokroatisch (auch Kroatoserbisch) ist eine zusammenfassende Bezeichnung für Bosnisch, Kroatisch, Moliseslawisch, Montenegrinisch und Serbisch. Es ist umstritten, ob Serbokroatisch eine Sprache oder eine Sprachunterfamilie ist. Die schriftsprachlichen Varietäten des Serbokroatischen beruhen alle auf Formen des štokavischen Dialektes und stimmen in einem Teil der Grammatik und in einem Teil des Wortschatzes überein, unterscheiden sich jedoch in anderen Teilen des Wortschatzes, in vielerlei Details der sprachlichen Norm und im Gebrauch unterschiedlicher Alphabete (im Kroatischen und Bosnischen das lateinische, im Serbischen überwiegend das kyrillische Alphabet). Ob es sich um Varietäten einer einzigen Sprache oder um vier eng verwandte eigenständige Sprachen handelt, ist sowohl in der Sprachwissenschaft vor allem an Lehrstühlen außerhalb der betroffenen Länder als auch unter manchen Sprechern selbst umstritten.
Verbreitung:
Die Schriftsprache aller vier Nationalitäten baut auf dem Štokavischen auf. Die Kroaten, Bosniaken und Montenegriner verwenden dabei nur das Ijekavische, die Serben in Serbien vor allem das Ekavische, die bosnischen Serben hingegen zum größten Teil das Ijekavische. Daneben gibt es einige seltener vorkommende lautliche Unterschiede im Wortschatz slawischer Herkunft. Des Weiteren gibt es Unterschiede bei der Übernahme von Fremdwörtern: serbisch falsifikovati vs. kroatisch falsificirati; sb. okean vs. kr. ocean; sb. hemija vs. kr. kemija. Grundsätzlich werden Fremdwörter im Kroatischen sparsamer eingesetzt als im Serbischen, während das Bosnische viele Turzismen enthält. Es gibt eine große Anzahl von Regionalismen, deren Verbreitungsgebiet jedoch oft nicht den nationalen Grenzen folgt. Die Unterschiede im Grundwortschatz sind dagegen geringer als etwa zwischen vielen deutschen Dialekten.
Geschichte:
Traditionelle schriftsprachliche Varietäten
Die Geschichte der südslawischen Völker und infolgedessen auch der südslawischen Sprachen verlief über Jahrhunderte im Bereich der Literatur und der Sprachentwicklung aufgrund der über 500 Jahre dauernden unterschiedlichen Zugehörigkeit des Großteils der Serben zum Osmanischen Reich und der Mehrheit der Kroaten zum Habsburgerreich voneinander größtenteils getrennt.
Sowohl bei den Kroaten als auch bei den Serben entwickelten sich schriftsprachliche Varietäten auf der Grundlage des štokavischen Dialektes, jedoch keine einheitliche, nationalitätenübergreifende Norm. Gleichzeitig existierten bei den Kroaten auch schriftsprachliche Formen des Kajkavischen und des Čakavischen, während bei den Serben bis zur frühen Neuzeit das Kirchenslawische als Schriftsprache verwendet wurde. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts setzte sich durch den russischen Einfluss auf die orthodoxen slawischen Völker des Osmanischen Reiches bei den Serben die russische Form des Kirchenslawischen durch, neben die für weltliche Texte eine serbisch-russisch-kirchenslawische Mischsprache trat, die als Slawenoserbisch (slavenosrpski, auch slavjanoserbski) bezeichnet wird.